Die Blockade bei Pferd, Hund und Katze:
Definition, Auswirkungen und Auslöser
Der Osteopath versteht unter einer Blockade / osteopathischen Läsion eine aufhebbare Funktionsstörung mit dem Hauptmerkmal einer verminderten Beweglichkeit.
Die Spanne reicht hier von kleinen Mobilitätseinschränkungen der Gewebe bis zu ausgeprägten Gelenkrestriktionen / Blockaden.
Der Begriff Blockade ist eigentlich kein medizinischer Begriff, sondern beschreibt, was im Gewebe passiert.
Als Ursachen für derartige Bewegungseinschränkungen kommen Makrotraumata mit Überdehnung der bindegewebigen und muskulären Strukturen in Frage, aber ebenso sogenannte Mikrotraumen, die durch immer dieselben stereotypen / gleichförmigen Bewegungen oder durch Fehlhaltungen entstehen.
Die Theorie als Ursache für derartige Blockaden ist, dass insbesondere bei akuten Verletzungen, durch diese eine muskuläre Schutzspannung hervorgerufen wird und damit der Körper eine Ruhigstellung des betroffenen Körperteils erreichen will (wie ein muskuläres Gipskorsett).
Problematisch wird diese Reaktion des Körpers, der dadurch seine Strukturen vor weiteren schädigenden Einflüssen zu schützen versucht, wenn die Bewegungsrestriktion erhalten bleibt, obwohl der ursprünglich auslösende Faktor nicht mehr vorhanden ist.
Die Auswirkungen von Blockaden auf Ihr Tier
Es kommt zu einer Fehlbelastung des betroffenen Gelenks, durch die muskuläre Verspannung wird die Blutzufuhr des betroffenen Gewebes behindert, somit leidet die Mikrozirkulation und in Folge die Immunabwehr des betroffenen Gebiets.
Diese Auswirkungen bleiben jedoch meist nicht lokal begrenzt, sondern können auch in weiter entfernten Körperstrukturen zunächst funktionelle und in Folge dann auch strukturelle Veränderungen verursachen.
Wirbelsäule oder Gelenke können ihre physiologische Beweglichkeit verlieren.
Die Folgen können steife, unelastische Bewegungen, Verspannungen oder sogar Schmerzen sein, die die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft stark beeinträchtigen können.
Wenn die Beweglichkeit zweier Wirbeln untereinander eingeschränkt ist, kann es sich auch auf die Spinalnerven auswirken, die jeweils zwischen zwei Wirbeln aus dem Rückenmark austreten und dadurch einen ungehinderten Informationsfluss zwischen Gehirn und Muskulatur, Haut und allen anderen Organen behindern.
Dies kann die Koordination von Bewegungen oder aber auch die Funktion von Organen einschränken:
es ist durchaus möglich, dass osteopathische Läsionen die Kolikneigung von Pferden erhöhen.
Kleinere Störungen werden in der Regel dem äußeren Anschein nach gut kompensiert, können jedoch zur Folge haben, dass sich Ihr Tier weniger gut bewegen kann.
Es wirkt „alt“, steif, unelastisch, die Bewegungsfreude lässt nach, die Leistungsbereitschaft sinkt und es wirkt insgesamt weniger „fröhlich“.
Auch eine plötzlich auftretende Berührungsempfindlichkeit, Hautzucken beim Pferd, Kitzlichkeit kann ein Signal für eine fehlerhafte Nervenfunktion sein.
Im Sport eingesetzte Pferde oder Hunde lassen häufig unerklärlich in der Leistung nach.
Besteht eine schwerwiegendere osteopathische Läsion wird das Tier versuchen, diese zu kompensieren beziehungsweise eventuell auftretenden Schmerzen auszuweichen, indem es seine Bewegungen und die Körperhaltung unphysiologisch anpasst.
Dies führt zu einer verstärkten mechanischen Belastung anderer Strukturen des Körpers.
Dadurch entsteht ein Teufelskreis, in dessen Folge weitere Blockaden auftreten können, die dann wieder die zuerst auftretenden Probleme befeuern können und so fort.
Nachfolgend können auf die Dauer pathologische Entzündungen in ganzen Körpersystemen entstehen, die zum Beispiel zu degenerativen, unumkehrbare Veränderungen wie Arthrosen führen können.
(HIER finden Sie übrigens eine kurze Übersicht über Probleme, die osteopathische Blockaden bei Pferden auslösen können und HIER bei Hunden und Katzen.)
Die zusätzlich mögliche Beeinflussung, Beeinträchtigung des vegetativen Nervensystems kann eine ganze Bandbreite von Problemen verursachen, die von Verhaltensveränderungen bis hin zur Beeinflussung des Stoffwechsel reichen können – Näheres HIER
Ein Beispiel für solch eine osteopathische Läsionskette:
Ein Vertreten oder Verstauchen eines Gelenks führt mehr oder weniger stark zu einer Bewegungseinschränkung, einer Schwellung und/oder einer Entzündung.
Häufig ist jedoch nur sehr wenig davon zu merken:
eine kleine Verzögerung der Bewegung, kein richtiges Lahmen, nur ein leichtes kaum sichtbares Schonen und auch das ist nach ein paar Tagen vorbei.
Häufig kann jedoch eine kaum wahrnehmbare Verminderung der Beweglichkeit bestehen bleiben, die an ganz anderen Stellen des Körpers zu dauerhaften Probleme führen kann.
Ein Beispiel hierfür, was ich in der täglichen Praxis immer wieder vorfinde:
an einem Hinterbein hat das Pferd eine fast gar nicht merkbare Schwellung, braucht vielleicht auch ein paar Tritte bis es sich einläuft, mehr ist es nicht.
Ein halbes Jahr später wundert sich der Reiter, dass sein Pferd immer schiefer wird, klemmt, nur noch unwillig an den Zügel herantritt, den Rücken nicht loslässt…
Bei der Untersuchung stellt sich dann häufig heraus, dass das Pferd mit seinem diagonalen Vorderbein die Läsion im Hinterbein ausgeglichen hat, dadurch sind Überlastungen der Strukturen im Hals, in der Schulter und im Vorderbein entstanden.
Diese Überlastungen im betroffenen Vorderbein hat das Pferd versucht durch das andere Vorderbein auszugleichen, dieses wurde auch in Mitleidenschaft gezogen, das Pferd ist nicht mehr ausbalanciert, der Rücken tut weh, es entstehen Spannungen in den Faszien und irgendwann geht gar nichts mehr.
Kleine Ursache, große Wirkung.
Wo können osteopathische Läsionen / Blockaden auftreten?
- in jedem Gelenk des Körpers von Kopf bis Huf / Pfote (Kiefergelenk bis zum kleinsten Krallengelenk)
- in jedem Muskel
- im Bindegewebe, den Faszienstrukturen
- in den viszeralen Strukturen (das sind die inneren Organe mit ihren Bindegeweben)
- an den Verbindungen der Schädelknochen untereinander,
- im craniosakralen System bestehend aus der Einheit von Cranium, Dura Mater, Liquor, Sakrum und deren Verbindung untereinander
Probleme innerer Organe können Probleme der Wirbelsäule verursachen und umgekehrt:
- Magenprobleme, können osteopathische Läsionen um den Bereich des 13. Brustwirbels herum verursachen,
- Leberentzündungen können Blockaden im Bereich um den 15. Brustwirbel, im Hals-Brustübergang und/oder in den Vordergliedmaßen oder im Genick verursachen.
- Jedoch kann die Läsionskette auch anders herum verlaufen:
vom Skelett, den Muskeln oder Faszien in Richtung der inneren Organe.
Es ist häufig nicht feststellbar, wo das Problem seinen Ausgang genommen hat,
jedoch verstärken sich die Probleme häufig gegenseitig in einem Teufelskreis.
Häufige Einflüsse aus Lunge, Leber oder dem Darmbereich.
Was können Ursachen für osteopathische Läsionen bei Pferd, Hund und Katze sein?
„Falsche“ Bewegungen, die „Arbeit“, die Ausrüstung:
zum Beispiel:
- Abrupte Drehungen und Stops,
- Vertreten, zum Beispiel wegen Bodenunebenheiten auf der Koppel, schlechtem Hallenboden,
- Ausrutschen,
- Stürze auf der Koppel, aus dem Steigen heraus,
- Festliegen in der Box,
- zu starker Zug / Reißen an der Leine, ins Halfter hängen, am Halfter aufhängen,
- Streitereien unter Artgenossen,
- „Stop and Go“-Bewegungen, insbesondere in nicht-aufgewärmtem Zustand.
- Katzen: Traumata durch Hundeattacken, Hängenbleiben, Tritte (leider gar nicht so selten…).
- Hunde: Schutzdienst, Agility, THS, Dog-Dancing, Bällchen, Frisbee fangen, überrollt werden, gerammt werden.
- Pferde: Reiten allgemein, Dressur, Springen, Westernreiten, Rennen, Reiten ohne Sattel,
- nicht passende Ausrüstung,
- schlechte Hufbearbeitung,
- „Aufreiten“ durch Artgenossen.
Unfälle, Traumen
Fehl- und Überbelastungen,
zum Beispiel:
- einseitiges Training,
- Überforderung / Überlastung,
- Huffehlstellungen, Gliedmassenfehlstellungen,
- schlechte Hufbearbeitung, zu lange Berabeitungsintervalle, zu lange Zehen (sehr häufig),
- zu lange Krallen bei Hunden,
- zu früher Trainingsbeginn nach Verletzungspause,
- ungenügendes Aufwärmen und Abwärmen,
- zu frühes Anreiten.
Akute Probleme,
zum Beispiel:
- Sehnen- oder Gelenksentzündungen
- Ischialgien
- Bandscheibenvorfälle.
Arthrotisch-degenerative Probleme,
zum Beispiel:
- Arthrosen,
- chronische Sehnen-, Bänderprobleme,
- Hufrollenbefunde.
sowie
- Operationen,
- Kastrationen,
- Narkosen,
- Zahnbehandlungen und -Extraktionen,
- Bewegungsmangel,
- Transport,
- Sattelprobleme,
- schlecht sitzende Reiter,
- Veranlagung, genetische Disposition
(Beispiel: meine Hündin hat ständig irgendwas, mein Rüde so gut wie nie) - Rassedisposition:
lockeres Bindegewebe zum Beispiel beim Iberer oder sehr strammes Bindegewebe bei bestimmten Warmbluttypen
und nicht zu vergessen:
- Psychische Überbelastungen / Stress…
Kennen wir an uns ja auch: Zähneknirschen, verspannte Halsmuskulatur, Rückenprobleme……